Fahrwerksoptimierung, mal ganz allgemein

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Superman
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Fahrwerksoptimierung, mal ganz allgemein

Beitrag von Superman »

Hallo zusammen,

es gibt überwiegend zwei Gründe dem Fahrwerk zuleibe zu rücken. Der Optik wegen, oder aus technischen Gründen. Grundsätzlich sollte man es sich mehr als einmal überlegen ob man in die Technik des Autos eingreift. Warum?

Der Hersteller verfolgt mit der Abstimmung seiner Fahrzeuge ein ganz spezielles, markentypisches Ziel und investiert bei einem neuen Fahrzeug in der Regel in die Fahrwerksabstimmung gut ein Jahr. Was gehört zur Fahrwerksabstimmung?

Erst einmal die grundsätzliche Geometrie. Hierzu gehören an der Vorderachse mit doppelten Querlenkern, der obere und untere Querlenker und deren Anlenkpunkte am Chassis. Ferner die Gestaltung des Achsschenkels, des daran befindlichen Lenkarms, die Lenkung und deren Positionierung.

Des Weiteren soll das Ganze auch komfortabel funktionieren wozu weitere Abstimmungsarbeit gehört. Hier kommen jetzt Gummibuchsen der Querlenker, sowie Federn, Dämpfer und Reifen ins Spiel; unter Umständen auch Dämpferelemente zwischen Rad und Lenkrad.

Schlussendlich soll das ganze auch noch so sicher wie möglich funktionieren, heißt, ABS, ESP und Traktionskontrolle müssen abgestimmt werden.

Das Gleiche, mit Ausnahme der Lenkung, gilt natürlich auch für die Hinterachse.

Eine der häufigsten „Optimierungen“ bei Rad-Reifenkombinationen besteht in der Montage von originalen 20’ Rädern des DBS auf einem V8 Vantage. Unterschiede siehe unten.

Vorderachse
235/40 ZR19 auf 8.5Jx19 H2 ET 50.3 zu 245/35 ZR20 auf 8.5Jx20 H2 ET 42.1
0,45 cm höher
Umfang 2,8 cm / 1,3%
100 km/f = 99 km/h

Hinterachse
275/35 ZR19 auf 9.5Jx19 H2 ET 62.5 zu 295/35 ZR20 auf 11Jx20 H2 ET 54
0,5 cm höher
Umfang 3,1 cm / 1,5%
100 km/f = 99 km/h

Welche Konsequenzen hat dies. Durch die geringere Einpresstiefe vergrößert sich die Spurweite und damit der Hebelkraft welche auf die Aufhängung einwirkt. Dies hat einen höheren Verschleiß, speziell der Querlenkerbuchsen, zur Folge. Auch erhöhen sich die ungefederten Massen, was wiederum Einfluss auf Federung und Dämpfung hat. Durch die Vergrößerung der Reifenaufstandsfläche erhöht sich auch der Rollwiderstand, was beim Anfahren den Kupplungsverschleiß erhöht. Schlussendlich verändert sich durch die größeren Hebelkräfte die Achseinstellung (Spur, Sturz und Nachlauf an der Vorderachse, sowie Spur und Sturz an der Hinterachse). Dies sollte auf jeden Fall geprüft und ggf. korrigiert werden. Glücklicher Weise können diese Werte bei einem Aston Martin korrigiert werden.

Selbstverständlich sind dies nur „Kleinigkeiten“, aber in der Summe machen sich auch diese „Kleinigkeiten“ über die Zeit, bemerkbar. Ob durch diese Änderung ein besseres Fahrverhalten erreicht wird, liegt im Ermessen des Einzelnen.

Wird das Fahrzeug jetzt auch noch tiefer gelegt, erhöht sich die Summe der „Kleinigkeiten“ weiter.
Warum?

In der Regel werden nur Federn und Dämpfer getauscht, oftmals nur die Federn. Meist werden jedoch nach Montage die Querlenkeraufnahmen nicht gelöst um der neuen Ruhestellung Rechnung zu tragen. Dies hat zur Folge, dass die Querlenkerbuchsen permanent mit einer Vorspannung belegt sind, welches wiederum dem Verschleiß Vorschub leistet. Um der neuen Ruhestellung Rechnung zu tragen sollte das Fahrzeug nach dem Austausch von Feder und Dämpfereinheit auf eine 4-Säulen- oder Scherenhebebühne gefahren werden, die entsprechenden Aufnahmen ausreichend gelöst und wieder festgezogen werden. Anschließend sollte das Fahrzeug mindestens 20 km gefahren werden, damit sich das Fahrwerk wieder richtig setzt. Daraufhin sollte der vorher beschriebene Vorgang noch einmal wiederholt und anschließend eine Achsvermessung mit den nötigen Einstellarbeiten durchgeführt werden. Meist stellt sich dabei heraus, dass einige, vom Hersteller vorgegebenen Werte nicht mehr erreicht werden. Auch sollte beachtet werden, dass Aston Martin Fahrzeuge, zur Achsvermessung, speziell konditioniert werden müssen.

Ich denke anhand dieser Ausführungen kann sich jeder ein Bild davon machen, wie sinnvoll es ist, einzelne Teile am Auto zu ändern.

Selbstverständlich kann man auf diesem Wege ein Fahrzeug seinen persönlichen Bedürfnissen anpassen, allerdings sollte man sich nicht wundern, wenn dies ungewollte Konsequenzen hat, für welche der Hersteller/Händler nicht aufkommt.

Man kann unter Umständen viel Geld sparen, wenn man das Fahrwerk und dessen Einstellung vor eventuellen Modifizierungen auf einwandfreien Zustand überprüfen und ggf. zuerst einmal instandsetzen lässt.

Mit besten Grüssen
Superman
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SO2995
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Re: Fahrwerksoptimierung, mal ganz allgemein

Beitrag von SO2995 »

Hallo Superman,
als Neuling im Forum meine, bezogen auf den Beitrag, sehr späte Nachfrage:

Aufgrund früherer, positiver Erfahrungen mit unterschiedlichsten Fahrwerken und Rad/Reifenkombinationen
auf einem 500PS Fahrzeug mit ähnlicher Gewichtsverteilung und Heckantrieb wäre es mein Wunsch,
den V12 S (S02995) auf folgende Reifengrößen auf den original Felgen (VA 9x19 ET51 und HA 11x19 ET68) umzurüsten:

VA 265/35 und HA 305/35

In der Vergangenheit erschienen mir 30er Querschnitte zu hart und mit zu wenig Eigendämpfung.
Freigängigkeit müsste nach erster Sichtprüfung problemlos vorhanden sein.
Eine Schwierigkeit dürfte beim ca. 5% größeren Abrollumfang der HA liegen und somit bei einer ggf. erforderlichen Anpassung des Tachos.

Ein Eingriff in die von Dir beschriebene Geometrie des Fahrwerks dürfte mit der gewünschten Änderung kaum vorliegen.

Weshalb wird das bei AM dennoch so ablehnend behandelt?
Viele Grüße
Jens

https://www.dailymotion.com/video/x4646kp

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SO2995
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Re: Fahrwerksoptimierung, mal ganz allgemein

Beitrag von SO2995 »

Hallo Superman,

bitte gestatte noch eine weitere Nachfrage zu den Angaben aus 2015:

Hinterachse
275/35 ZR19 auf 9.5Jx19 H2 ET 62.5 zu 295/35 ZR20 auf 11Jx20 H2 ET 54
0,5 cm höher
Umfang 3,1 cm / 1,5%
100 km/f = 99 km/h


275/35 19 ergibt nach meiner Rechnung einen Durchmesser von: 67,51 = 211,98 Umfang

295/35 20 ergibt nach meiner Rechnung einen Durchmesser von: 71,45 = 224,35 Umfang

Der Höhenunterschied beträgt demnach 71,45 - 67,51 = 3,94 / 2 = 1,97 cm

Der Umfangsunterschied zwischen 224,34 und 211,98 beträgt + 5,51 %


Wo ist mein Denk/Rechenfehler?
Viele Grüße
Jens

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Norki
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Re: Fahrwerksoptimierung, mal ganz allgemein

Beitrag von Norki »

Bei einem zu großen Unterschied im Abrollumfang zwischen Vorder- und Hinterachse bekommt man auch Probleme mit dem ABS.

Gruß Stefan
Stefan aus dem Bayerwald
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SO2995
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Re: Fahrwerksoptimierung, mal ganz allgemein

Beitrag von SO2995 »

Ja, das kann sein, ich weiß, danke für den Hinweis.

In meinem ausprobierten Fall, auf einem BMW M3 E92, gab es keinerlei Probleme trotz erheblichem Umfangunterschied:

Vorn 255/30 ZR 20 und hinten 305/30 ZR 20 = 4,4 %

Bei meinem "Wunsch" auf dem Vantage V12 S wären es:

Vorn 265/35 ZR 19 und hinten 305/35 ZR 19 = 4,0 %
Viele Grüße
Jens

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