Quietschende Bremsen – warum eigentlich?
Verfasst: Sa 7. Jul 2012, 17:20
Bevor die Frage beantwortet werden kann, muss vorher auf jeden Fall geklärt werden: Für welchen Zweck soll der Bremsbelag tauglich sein? Wo soll er eingesetzt werden? Auf öffentlichen Straßen, im Sportfahrerbereich, im Motorsport? Diese Fragen im Vorfeld zu beantworten ist unumgänglich, denn ein Bremsbelag ist immer ein Kompromiss aus Leistung, Komfort und Lebensdauer. Einen Bremsbelag der alles kann, gibt es nicht!
Demzufolge gilt: Je sportlicher ein Bremsbelag abgestimmt ist, desto eher neigt er zum Quietschen. Das bedeutet für Sportbremsbeläge: Quietschen ist kein Qualitätskriterium, es stellt produkttechnisch keinen Mangel dar.
Maßnahmen zur Reduzierung
Moderne Bremsen im Automobil funktionieren immer auf die gleiche Weise: Ein fest stehender Reibbelag wird an eine sich drehende Bremsscheibe oder Bremstrommel gedrückt, um durch die entstehende Reibung die Drehgeschwindigkeit der rotierenden Bremsscheibe bzw. -trommel zu verringern. Da jedoch Energie laut den Gesetzen der Physik niemals vernichtet, sondern nur in eine andere Energieform umgewandelt werden kann, entsteht in erster Linie Reibungshitze. Leider wird die kinetische Energie zum Teil auch in eine unerwünschte, akustisch lästige Energieform umgewandelt – nämlich in hochfrequente Schallwellen.
Seit vielen Jahrzehnten existiert dieses Problem des Bremsenquietschens bei Automobilen, und viel wurde schon versucht, um es nachhaltig zu lösen. Das Vermeiden des Quietschens ist eine wichtige Komfortfunktion, die bei der Konstruktion einer Automobilbremse aufwendig geplant und bei der Produktion der Serienbremsbeläge für die Erstausrüstung gezielt berücksichtigt wird. Der Schichtaufbau des Belags, die Dämpfungsbleche, die Materialmischung sowie die gesamte Reibpaarung müssen auf das jeweilige Fahrzeug abgestimmt sein.
Grundsätzlich bedeutet ein Quietschen der Bremse, dass die Komponenten in eine unerwünschte Eigenschwingung geraten. Hervorgerufen werden diese unerwünschten Eigenschwingungen durch ein ungleichmäßiges Reiben und Gleiten der Bremsbeläge. Wird die gleichmäßige Gleitbewegung von einem kurzzeitigen „Festkleben“ und Lösen der Reibflächen gestört, geraten die Komponenten in Eigenschwingung. Dieses sich im Bereich von Millisekunden abspielende Phänomen nennt sich Stick-Slip-Effekt.
Die konstruktive Herausforderung beim Vermeiden von Störgeräuschen, der sich sowohl Bremsen- als auch Automobilproduzenten in der Vergangenheit stellen mussten, besitzt mehrere Facetten. Jeder Autofahrer sollte daher wissen: Es gibt etliche, ganz verschiedene Gründe für das Bremsenquietschen. Am Rande sei noch erwähnt, dass Scheibenbremsen hinsichtlich ungewollter Geräuschentwicklung anfälliger sind als Trommelbremsen.
Unsaubere Montage: Vor der Montage von neuen Bremsklötzen müssen Bremskolben, Führungsschächte und Bremszange gesäubert werden. Neue Bremsklötze werden zumeist mit „gebrochenen Kanten“ geliefert. Von einem eigenmächtigen Abschrägen der Kanten ist abzuraten, denn damit verfällt die Herstellergarantie für das Produkt. Die Kanten der Trägerplatte des Belags und die Rückseite des Belags sollten dünn mit Antiquietschpaste bestrichen werden. Im Zubehörhandel werden darüber hinaus universell einsetzbare Antiquietsch-Pads angeboten, die nachträglich auf die Trägerplatte aufgelebt werden können.
Diese haben allerdings Einfluss auf das Pedalgefühl (weich/schwammig) und daraus resultierend auf die Dosierbarkeit.
Gefügeveränderungen: Trotz sauber montierter, hochwertiger Bremskomponenten kann es trotzdem zum Quietschen kommen. Ursache ist dann meist eine Überlastung der Bremse beim Einfahren. Trotz moderner Fertigungsmethoden gilt noch immer, dass Bremsen während der Einfahrzeit nicht voll belastet werden dürfen. In dieser Zeit soll sich nämlich ein gutes Tragbild aufbauen. Dabei gilt es zu unterscheiden: Motorsportbeläge haben so gut wie keine Einfahrzeit, bei Serienbelägen beträgt die Einfahrzeit bis zu 500 Kilometer, sportive Beläge können durchaus etwas mehr als 500 Kilometer benötigen, bis sie optimal arbeiten. Durch eine zu frühe, volle Belastung überhitzt der Belag und verglast, wodurch sich nicht nur die spätere Bremswirkung verschlechtert, sondern auch das Bremsenquietschen entscheidend begünstigt wird. Diese „Glasschicht“ an den Klötzen lässt sich mit feinem Schmirgelpapier abschleifen.
Eine weitere, auf den ersten Blick etwas ungewöhnliche, aber durchaus verbreitete Ursache für Bremsenquietschen liegt im Unterfordern (!) der Bremse. Konkreter ausgedrückt: Erreichen die Bremskomponenten dauerhaft nicht ihre optimale Betriebstemperatur, verändert sich ebenfalls die Oberfläche des Belags. Die Bremswirkung sinkt und die Bremsen fangen an zu Quietschen. Hier helfen einige kräftige Bremsmanöver, um die Belagoberfläche wieder sauber zufahren und damit die Geräuschentwicklung abzustellen.
Sportiv und Rennsport
Sportive Bremsbeläge oder gar Motorsportbeläge neigen aufgrund ihrer Leistung und ihres Einsatzgebiets eher zum Quietschen als Serienbremsbeläge. Denn bei der Frage der Abstimmung muss sich der Konstrukteur eines Bremsbelages entweder auf Leistung, auf Lebensdauer oder aber auf Komfort fokussieren. Bremsbeläge für den sportiven Einsatz verfügen über mehr Biss (also Bremsleistung), was aber zu Lasten des Komforts und/oder der Lebensdauer geht.
Sportiv- und Motorsportbremsbeläge sind vorrangig für ihre Aufgabe konstruiert. Die Konzentration auf das Wesentliche bedeutet im Rennsport natürlich die Konzentration auf die bestmögliche Bremsleistung. Der Kompromiss aus Leistung, Lebensdauer und Komfort eines Serienbremsbelags ist in einem Sportbremsbelag nicht zu gebrauchen. So lässt sich pointiert sagen: Quietscht eine Bremse mit einem Sportbremsbelag, zeigt es, dass der Konstrukteur seine Arbeit gut gemacht hat. Das Quietschen stellt hier keinen Mangel dar, denn es gehört sozusagen „zum guten Ton“ einer konsequent abgestimmten Sportbremse.
Fazit
Je sportlicher und leistungsoptimierter ein Bremsbelag ist, desto mehr neigt er zum Quietschen. Quietschen gehört zum guten Ton!
Mit besten Grüssen
Superman
Demzufolge gilt: Je sportlicher ein Bremsbelag abgestimmt ist, desto eher neigt er zum Quietschen. Das bedeutet für Sportbremsbeläge: Quietschen ist kein Qualitätskriterium, es stellt produkttechnisch keinen Mangel dar.
Maßnahmen zur Reduzierung
Moderne Bremsen im Automobil funktionieren immer auf die gleiche Weise: Ein fest stehender Reibbelag wird an eine sich drehende Bremsscheibe oder Bremstrommel gedrückt, um durch die entstehende Reibung die Drehgeschwindigkeit der rotierenden Bremsscheibe bzw. -trommel zu verringern. Da jedoch Energie laut den Gesetzen der Physik niemals vernichtet, sondern nur in eine andere Energieform umgewandelt werden kann, entsteht in erster Linie Reibungshitze. Leider wird die kinetische Energie zum Teil auch in eine unerwünschte, akustisch lästige Energieform umgewandelt – nämlich in hochfrequente Schallwellen.
Seit vielen Jahrzehnten existiert dieses Problem des Bremsenquietschens bei Automobilen, und viel wurde schon versucht, um es nachhaltig zu lösen. Das Vermeiden des Quietschens ist eine wichtige Komfortfunktion, die bei der Konstruktion einer Automobilbremse aufwendig geplant und bei der Produktion der Serienbremsbeläge für die Erstausrüstung gezielt berücksichtigt wird. Der Schichtaufbau des Belags, die Dämpfungsbleche, die Materialmischung sowie die gesamte Reibpaarung müssen auf das jeweilige Fahrzeug abgestimmt sein.
Grundsätzlich bedeutet ein Quietschen der Bremse, dass die Komponenten in eine unerwünschte Eigenschwingung geraten. Hervorgerufen werden diese unerwünschten Eigenschwingungen durch ein ungleichmäßiges Reiben und Gleiten der Bremsbeläge. Wird die gleichmäßige Gleitbewegung von einem kurzzeitigen „Festkleben“ und Lösen der Reibflächen gestört, geraten die Komponenten in Eigenschwingung. Dieses sich im Bereich von Millisekunden abspielende Phänomen nennt sich Stick-Slip-Effekt.
Die konstruktive Herausforderung beim Vermeiden von Störgeräuschen, der sich sowohl Bremsen- als auch Automobilproduzenten in der Vergangenheit stellen mussten, besitzt mehrere Facetten. Jeder Autofahrer sollte daher wissen: Es gibt etliche, ganz verschiedene Gründe für das Bremsenquietschen. Am Rande sei noch erwähnt, dass Scheibenbremsen hinsichtlich ungewollter Geräuschentwicklung anfälliger sind als Trommelbremsen.
Unsaubere Montage: Vor der Montage von neuen Bremsklötzen müssen Bremskolben, Führungsschächte und Bremszange gesäubert werden. Neue Bremsklötze werden zumeist mit „gebrochenen Kanten“ geliefert. Von einem eigenmächtigen Abschrägen der Kanten ist abzuraten, denn damit verfällt die Herstellergarantie für das Produkt. Die Kanten der Trägerplatte des Belags und die Rückseite des Belags sollten dünn mit Antiquietschpaste bestrichen werden. Im Zubehörhandel werden darüber hinaus universell einsetzbare Antiquietsch-Pads angeboten, die nachträglich auf die Trägerplatte aufgelebt werden können.
Diese haben allerdings Einfluss auf das Pedalgefühl (weich/schwammig) und daraus resultierend auf die Dosierbarkeit.
Gefügeveränderungen: Trotz sauber montierter, hochwertiger Bremskomponenten kann es trotzdem zum Quietschen kommen. Ursache ist dann meist eine Überlastung der Bremse beim Einfahren. Trotz moderner Fertigungsmethoden gilt noch immer, dass Bremsen während der Einfahrzeit nicht voll belastet werden dürfen. In dieser Zeit soll sich nämlich ein gutes Tragbild aufbauen. Dabei gilt es zu unterscheiden: Motorsportbeläge haben so gut wie keine Einfahrzeit, bei Serienbelägen beträgt die Einfahrzeit bis zu 500 Kilometer, sportive Beläge können durchaus etwas mehr als 500 Kilometer benötigen, bis sie optimal arbeiten. Durch eine zu frühe, volle Belastung überhitzt der Belag und verglast, wodurch sich nicht nur die spätere Bremswirkung verschlechtert, sondern auch das Bremsenquietschen entscheidend begünstigt wird. Diese „Glasschicht“ an den Klötzen lässt sich mit feinem Schmirgelpapier abschleifen.
Eine weitere, auf den ersten Blick etwas ungewöhnliche, aber durchaus verbreitete Ursache für Bremsenquietschen liegt im Unterfordern (!) der Bremse. Konkreter ausgedrückt: Erreichen die Bremskomponenten dauerhaft nicht ihre optimale Betriebstemperatur, verändert sich ebenfalls die Oberfläche des Belags. Die Bremswirkung sinkt und die Bremsen fangen an zu Quietschen. Hier helfen einige kräftige Bremsmanöver, um die Belagoberfläche wieder sauber zufahren und damit die Geräuschentwicklung abzustellen.
Sportiv und Rennsport
Sportive Bremsbeläge oder gar Motorsportbeläge neigen aufgrund ihrer Leistung und ihres Einsatzgebiets eher zum Quietschen als Serienbremsbeläge. Denn bei der Frage der Abstimmung muss sich der Konstrukteur eines Bremsbelages entweder auf Leistung, auf Lebensdauer oder aber auf Komfort fokussieren. Bremsbeläge für den sportiven Einsatz verfügen über mehr Biss (also Bremsleistung), was aber zu Lasten des Komforts und/oder der Lebensdauer geht.
Sportiv- und Motorsportbremsbeläge sind vorrangig für ihre Aufgabe konstruiert. Die Konzentration auf das Wesentliche bedeutet im Rennsport natürlich die Konzentration auf die bestmögliche Bremsleistung. Der Kompromiss aus Leistung, Lebensdauer und Komfort eines Serienbremsbelags ist in einem Sportbremsbelag nicht zu gebrauchen. So lässt sich pointiert sagen: Quietscht eine Bremse mit einem Sportbremsbelag, zeigt es, dass der Konstrukteur seine Arbeit gut gemacht hat. Das Quietschen stellt hier keinen Mangel dar, denn es gehört sozusagen „zum guten Ton“ einer konsequent abgestimmten Sportbremse.
Fazit
Je sportlicher und leistungsoptimierter ein Bremsbelag ist, desto mehr neigt er zum Quietschen. Quietschen gehört zum guten Ton!
Mit besten Grüssen
Superman